Sonntag, 1. Juni 2008

Plädoyer für das Wort

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte
oder
Rätsel Wort



Klicke auf die Bilder drauf, dann siehst du sie in einem eigenen Fenster in der Originalauflösung. Diese Bilder die dem Spiel Mysteriez2 entstammen, einem Zahlensuchspiel, sprechen sehr überzeugend für das Sprichwort, das im Titel dieses Essays steht. Stell dir vor, im Deutschunterricht 6. Klasse, du müsstest eines der Bilder beschreiben. Vollständig. Zuerst müsstest du die 40 Zahlen erst mal finden. Das würde mindestens 10 Minuten dauern.

Wie lange würdest du brauchen und wie lang würde der Aufsatz werden ? Ich schätze, eine vollständige Beschreibung würde 1-2 Stunden dauern und weit mehr als 1000 Worte erfordern.

Stark so ein Bild, da kommt das Medium Sprache einfach nicht mit. Also blogge ich nur noch Bilder.

Ich will ein zweites Rätsel als Kontradiktum zu diesem scheinbaren Primat des Bildes setzen:
  • was ist grösser als gott ?
  • was ist bösartiger als der teufel ?
  • die Armen haben es !
  • die glücklichen brauchen es!
  • und wenn du es isst, stirbst du!
Nebenbei, diese Rätselaufgabe wurde an Kindergärten und Universitäten gestellt. 85% der Kindergartenkinder wussten die Antwort sofort, aber nur 17% der Studenten.

Nun stell dir vor Kunstunterricht, 10. Klasse. Mehr als Strichmännchen sind bei dir einfach nicht drin, 2 linke Hände oder so. Die Aufgabe lautet: Male ein Bild, in dem dieses dumme kleine Rätsel bestehend aus 34 Worten und 122 Zeichen, zu erkennen ist. Hmm ...

Man müsste schon zum Mittel Video greifen, um den Inhalt des Rätsels zu visualisieren. Aber auch das wäre nur mit riesigem Aufwand und wenig überzeugend möglich.

Stark so ein Wort, da kommt das Medium Bild einfach nicht mit. Also blogge ich nur noch Wörter.

Zu dem Thema dieses Essays bin ich durch das Fotografieren hier und den Fotobeiträgen dieses blogs gekommen . Mir ist es unangenehm aufgefallen, wie aufwendig und zeitraubend es ist, in Wortbeiträgen die Wunder dieser Stadt zu schildern. Die Worte schreiben, sie schrauben und feilen, umstellen, nach zündenden Formulierungen suchen .... Was ein Aufwand.

Es ist doch so einfach zur Kamera zu greifen, im richtigen Moment auf der anderen Strassenseite im Schatten der Markisen eines Geschäftes zu stehen und im rechten Augenblick abzudrücken.
In Sekunden erhälst du, geschätzter blogleser, beim Betrachten des Bildes einen Eindruck davon, eine Ahnung, was hier so los ist. Du siehst und spürst sofort diese spezielle Atmosphäre der Stadt. Du siehst dieses besondere Licht, dass hier so oft alles glasklar ausleuchtet.

Manche Städte sind berühmt für ihr spezielles Licht. Ich habe einmal, am 18. Mai 1997, das claro der Lagunenstadt Venedig gesehen. 1 mal, aber es war unbeschreiblich, wundervoll. Das allgegenwärtige Wasser wirkt wie ein tausendfacher Spiegel, der alles satt und gleichzeitig völlig klar ausleuchtet. Wie ein Flimmern oder Zittern liegt es über der Stadt. Ganze Regimenter und Generationen von Malern sind wegen dieses Lichts nach Venedig gepilgert, bis heute.

Mit meinen Bildern kann ich dir die Schätze, die Menschen, die Architektur, das Verkehrswesen, das Flair, den Witz, aber auch die Armut, den Dreck, die Baufälligkeit und die Tristesse dieser Stadt zeigen.

Wozu schreiben ? Nun, geschätzter Leser, du ahnst schon, wohin diese Gedanken führen. Alles was ein Bild dir nicht zeigen kann, werde ich halt mühsam und gewissenhaft mithilfe der verdreckten QWERTZ-Tastatur meines Toshis eintippen müssen. Aber aber auch mit einer gewissen Genugtuung und Freude über diese meine Fähigkeit zu Schreiben.

Ich werde schreiben über die Gedanken und die Wünsche der Menschen, die ich treffe, den Geschmack und die Konsistenz des morgendlichen crèpes, das in Wirklichkeit ein frisch gebackener Fladen ist, über die Schamhaftigkeit und die Zurückhaltung der jungen Frauen, den allgegenwärtigen, nervenden, aufbausenden und beständig wehenden Passatwind und die unzähligen Gerüche in den Gewölben einer traditionellen arabischen Apotheke.

Bild und Wort müssen sich ergänzen. Damit werde ich hoffentlich die oberste Maxime für einen Chronisten, der aus einem fremden Land berichtet, erfüllen können:

"Du sollst deinen LESER nicht langweilen !"

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